Mittwoch, 18. November 2009

Offenbach hausse: Kammeroper






















Der Neue Merker, November 2009 / Printausgabe / über „L’ILE DE TULIPATAN“ und „BA-TA-CLAN“ an der Wiener Kammeroper, 6.10. (Pr. 1.10).
Wie schön, wenn man einmal Stück, Inszenierung und Aufführung ohne Einschränkung bejubeln kann. Die Wiener Kammeroper, die schon bisher über 20 von Offenbachs ca. 130 Werken gebracht hat, hat wieder eine gute Wahl getroffen.

Der Regisseur Waut Koeken hat die Libretti behutsam modernisiert und Anspielungen auf die damalige Zeit Napoleons III durch solche auf heutige politische, künstlerische, wirtschaftliche... Zustände ersetzt. Ein belachtes Beispiel: „Yes, can-can". Es wurde in französischer Originalsprache köstlich ironisch parliert und gesungen. Die beiden Farcen wurden mit solch sprühender Lebendigkeit präsentiert, dass die Stimmqualität der größtenteils jungen Sänger von sekundärer Bedeutung war. Dank glänzender Personenregie konnten sich alle profilieren. Für Künstler im Entwicklungsstadium eine wunderbare Chance, sich lustvoll freizuspielen.

In der (mit Adaptionen) für beide Stücke passenden Ausstattung von Duncan Hayler, unterstützt durch die Arbeit des Lichtdesigners Glen D'haenens und die Choreographie (,,cancanons, barcarollons”) von Ferdinando Chefalo agierte ein 6-köpfiger Chor, ein von Koeken eingeführter ‚Narrateur’ Benjamin Prins, der zusammen mit der manchmal bewusst ‚spinnenden’ Übertitelanlage für zusätzliches Vergnügen sorgte. Zuerst erscheinen chinesische Schriftzeichen, dann verkehrte lateinische Buchstaben, dann ,,Störung" usw. Außerdem hat „Tulipatan" 5 Hauptrollen, „Ba-ta-clan" 4. Der Mezzo Lisa-Maria Jank hat daher nur einen (vom Narrateur kommentierten) größeren Auftritt im 1. Stück, aber so ist es halt komponiert. Das Paar sind Milena Gurova und Jeroen de Vaal (im 1. Stück gender-konträr kostümiert wegen der entsprechenden Erziehung), die entsprechenden Väter sind dort Andreas Jankowitsch (Bariton) und Dan Chamandy (Tenor), die eine tolle Parodie der grand' opéra abliefern.

Im 2. Stück, der ,,Chinoiserie musicale" (Libretto Ludovic Halévy, der Neffe des Komponisten der ,Jüdin"), ist Chamandy der ranghöhere, ähnlich - trotz französischer Abstammung - der Kaiser von China. Das Orchester spielt unter der Leitung von Daniel Hoyem-Cavazza, der vor jedem Stück zeremoniell über die Leiter in den Orchestergraben absteigt, vorzüglich, mit Schmiss und Elan, doch manchmal etwas laut - der Saal ist halt nicht so groß, wie er sein müsste. Trotzdem passt das Ganze herrlich in das Haus mit seiner Offenbach-Tradition.

Hans Peter Nowak

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen