Dienstag, 13. Oktober 2009

Offenbach in der Kammeroper

Gernot Zimmermann berichtet über die Offenbach-Produktion an der Wiener Kammeroper im Kulturjournal auf oe1.ORF.at.

Unter dem langjährigen Leiter der Wiener Kammeroper Hans Gabor ist der in Wien gerne vernachlässigte Jacques Offenbach immer wieder auf den Spielplan gesetzt worden. Denn außer "Hoffmanns Erzählungen", "Pariser Leben", "Orpheus in der Unterwelt" und allenfalls noch "Die schöne Helena" wird das große Oeuvre von Offenbach hierzulande natürlich von der Wiener Operette in den Schatten gestellt. Dieser Tradition der Kammeroper nimmt man sich mit der heutigen Eröffnungspremiere wieder an und hat zwei fast völlig unbekannte Einakter von Offenbach ausgegraben.
Eine "Chinoiserie musicale"
Der zweite der beiden jetzt zur Aufführung gebrachten Einakter von Jacques Offenbach ist gewiss der stärkere. Er heißt "Ba-ta-clan", stammt aus dem Jahre 1857 und nennt sich eine "Chinoiserie musicale", weil er an einem fiktiven chinesischen Kaiserhof spielt, von dem die Protagonisten fliehen wollen, weil sie verkleidete Europäer sind - eine Satire auf Gesellschaft, Politik und Bürokratie, die immer gültig ist und die der junge belgische Regisseur Waut Koeken mit aktuellen politischen Spitzen auch auf österreichische Verhältnisse versieht.
"Ba-ta-clan", das ist Lust an Sprachspiel und Sprachakrobatik, wie sie auch die Wiener Gruppe praktiziert hat. Nicht nur das Musikgenre, sondern auch die Sprache wird bei Offenbach auf den Kopf gestellt. In der Kammeroper ist auf der Bühne daher ein auf den Kopf gestelltes Miniaturopernhaus das originelle Bühnenbild von Duncan Hayler.
Blödsinn pur
Der erste Einakter des Abends "L'ile de Tulipatan" ist im Gegensatz zu "Ba-ta-clan" etwas flacher und Blödsinn pur. Es geht um ein Geheimnis und um - wie man das heute salopp nennen würde - Männer in Frauenkleidern oder Frauen in Männerkleidern. Der musikalische Leiter der Kammeroper, Dirgent Daniel Hoyem-Cavazza, will aber in beiden Einaktern musikalisch trotzdem alles geben.
Subventionen dringend nötig
Seit zehn Jahren leitet Holger Bleck, gemeinsam mit der Witwe von Hans Gabor, Isabella Gabor, das private Haus, das öffentliche Subventionen natürlich dringend benötigt und seit zehn Jahren mit denselben Zuwendungen auskommen muss. Holger Bleck muss für sein kleines Haus am Fleischmarkt im ersten Bezirk jedes Jahr um die öffentlichen Zuwendungen kämpfen und fürchtet ständig um Kürzungen.
In dieser Saison plant man in der Kammeroper noch die bereits traditionelle Barockoper "Il Nascimento dell'Aurora", die musikalisch Rene Clemencic betreuen wird, und Aribert Reimanns "Gespenstersonate", die Peter Pawlik inszenieren wird, der schon für einige Erfolge an der Kammeroper verantwortlich zeichnete.

Quelle: oe1.ORF.at, Textfassung: Ruth Halle

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